Konstanz: Fall von Lohndumping auf Wohnheim-Baustelle

Der Südkurier aus Konstanz berichtet über einen weiteren Fall von Lohndumping auf dem Bau:

„Fall von Lohndumping auf Wohnheim-Baustelle

Die Gewerkschaften sprechen inzwischen vom Geschäftsmodell Ausbeutung. Ein neuer Fall auf einer Konstanzer Baustelle zeigt, wie hart es mittlerweile im Baugeschäft zugeht. Einer der betroffenen Arbeiter hat exklusiv mit dem SÜDKURIER über die Lage auf dem Bau gesprochen.

Die Schattenseiten der boomenden Bauwirtschaft sind jetzt auch in Konstanz angekommen. Bei dem Bau eines Studentenwohnheims in der Chérisy wurde einer Gruppe kroatischer Arbeiter monatelang der Lohn vorenthalten. Die Arbeiter sind immer wieder vertröstet worden, teilweise wurden kleinere Beträge ausgezahlt, meistens gerade so viel, dass die Betroffenen irgendwie überleben konnten. Der vereinbarte Lohn verstieß zudem gegen den gesetzlich vereinbarten Mindestlohn in der Baubranche. Der liegt für gelernte Arbeiter bei 14,20 Euro, auf der Konstanzer Baustelle sollten aber lediglich acht Euro pro Stunde gezahlt werden. Normalerweise werden solche Geschichten nicht öffentlich, nicht selten schüchtern Baufirmen die Arbeiter so lange ein bis sie sich fügen.

Beim Fall in Konstanz ist das anders, weil einer der Arbeiter eine Klage beim Arbeitsgericht Radolfzell eingereicht hat. „Gute Arbeit muss auch anständig bezahlt werden“, sagt Ivan P. (Name zum Schutz des Betroffenen geändert) im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Lange hatte er versucht das Thema innerhalb des Unternehmens zu klären, irgendwann wollte und konnte er aber nicht mehr warten: „Ich habe für drei Kinder im Alter von 14, 6 und 4 Jahren zu sorgen. Die brauchen meinen Lohn“, erklärt P. Von Dezember 2014 bis Februar 2015 hatte er nur 8 Euro pro Stunde erhalten, im März und April 2015 bekam er gar kein Geld.

Dies will er sich nun vom Unternehmen zurückholen. Ob er damit erfolgreich sein wird, ist aber offen. Denn das betroffene Unternehmen SEN-Bau hat für einen solchen Klagefall offenbar vorgesorgt. Aufträge werden über eine GmbH abgewickelt, die Arbeiter sind bei einer Unternehmergesellschaft (UG) angestellt. Diese UG hat laut Handelsregister ein Stammkapital von 100 Euro. Viel dürfte dort also nicht zu holen sein. Für eine Stellungnahme war das Unternehmen aus Frankfurt nicht erreichbar.

Drohungen gegen Arbeiter

Ivan P. ist dabei nicht der einzige Betroffene. In einer E-Mail an den SÜDKURIER erklärt ein weiterer Arbeiter, dass auch er weniger oder kein Gehalt erhalten habe. Er berichtet zudem von Einschüchterungsversuchen. Füge er sich nicht den Wünschen des Unternehmens, werde man dafür sorgen, ihm künftig die Einreise nach Deutschland zu verbieten, soll eine der Drohungen gelautet haben.

Für die Gewerkschaften ist das Thema nicht neu. „Solche Dinge kommen inzwischen fast täglich vor“, sagt Katarina Frankovic vom Deutschen Gewerkschaftsbund in Stuttgart. Sie kümmert sich intensiv um europäische Arbeitnehmer, die in Deutschland um ihre Rechte betrogen werden. Die Friedrich-Ebert-Stiftung spricht in einer neuen Studie (gar von dem „Geschäftsmodell Ausbeutung“. Einige Bauunternehmen kalkulierten die Angst der Arbeiter mit ein – und sparten sich so ganz oder teilweise deren Lohn.

Agiert ein Subunternehmer in dieser Weise, dann muss der Generalunternehmer einspringen. Das ist gesetzlich geregelt. Und das hilft jetzt auch den kroatischen Arbeitern in Konstanz: „Wir bedauern, dass es zu diesen vom Subunternehmer verursachten Zahlungsverzögerungen gekommen ist“, sagt Steffen Walter, Geschäftsführer der Peter Grossbau Gruppe, Generalunternehmer des Wohnheimbaus. Neue Zahlungen an SEN-Bau seien angewiesen und man werde jetzt genau hinschauen, dass das Geld auch wirklich bei den Mitarbeitern lande. Mit SEN-Bau habe man erstmals zusammengearbeitet. „Sollte sich herausstellen, dass dort vorsätzlich gegen den Mindestlohn verstoßen wurde, werden wir diese Firma nicht mehr beauftragen“, erklärt Steffen Walter. Ivan P. hat inzwischen bestätigt, dass er einen Teil seines Geldes erhalten habe. Seine Klage will er aber weiter aufrechthalten.“

Quelle:

http://www.suedkurier.de/region/kreis-konstanz/konstanz/Fall-von-Lohndumping-auf-Wohnheim-Baustelle;art372448,7855859